Healthcare Communication und das Heilmittelwerbegesetz

Die Kommunikation anspruchsvoller Gesundheitsthemen birgt Herausforderungen. Neben der Ernsthaftigkeit medizinischer Inhalte erfordert die rechtliche Seite besondere Beachtung: So bestimmt das Heilmittelwerbegesetz (HWG) für die Kommunikation von Arzneimitteln und Medizinprodukten strenge Regeln. Dieser Blogbeitrag stellt die zentralen Vorschriften des Gesetzes vor, ersetzt dabei jedoch keine Rechtsberatung. Darüber hinaus erfahren Leser mehr über die Möglichkeiten der gesetzeskonformen Arzneimittelwerbung für Laien und medizinische Fachkreise.

Zweck des Gesetzes: Verbraucher schützen

Das Heilmittelwerbegesetz schränkt die Kommunikation für Arzneimittel und Medizinprodukte ein. Ziel ist es, Verbraucher zu schützen – vor unsachgemäßer Selbstmedikation und Einnahmefehlern.
Als Werbung gelten nach dem Gesetz produktbezogene Maßnahmen, die den Absatz fördern, und solche, die Aufmerksamkeit der Interessenten wecken und den Verkauf beeinflussen.

Grundsätzliches: Pflichtangaben

Jede Werbung für Arzneimittel muss laut § 4 Heilmittelwerbegesetz mit Pflichtangaben versehen sein. Diese sind:
• Namen oder Firma mit Sitz des pharmazeutischen Unternehmers
• Bezeichnung
• Zusammensetzung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 d des Arzneimittelgesetzes
• Anwendungsgebiete
• Gegenanzeigen
• Nebenwirkungen
• Warnhinweise
Verschreibungspflichtige Arzneimittel erfordern einen entsprechenden Hinweis.

Was verbietet das Heilmittelwerbegesetz?

Zu den Kernvorschriften des Heilmittelwerbegesetzes gehört das Verbot irreführender Werbung. Diese liegt vor, wenn für Arzneimittel falsche Wirksamkeit oder hundertprozentige Erfolgschancen behauptet werden. Das Verschweigen von Risiken und Nebenwirkungen sowie unwahre Angaben über Erfolge des Herstellers oder die Zusammensetzung des Mittels fallen ebenfalls unter die Irreführung.

Weiterhin verbietet das Gesetz Werbung für:
• nicht zugelassene Arzneimittel
• homöopathische Arzneimittel mit der Angabe Anwendungsgebiets, sofern sie nicht ausnahmsweise zugelassen sind
• Ferndiagnosen und -behandlungen

In der Packungsbeilage eines Arzneimittels darf nicht für andere Arzneimittel geworben werden.
Unzulässig ist Werbung für Arzneimittel, die nahezu ausschließlich für Kinder unter 14 Jahren sind.

Was ist erlaubt?

Publikumswerbung für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel ist zulässig.
Weiterhin sind im Rahmen der Kommunikation folgende Maßnahmen erlaubt:
• der Einsatz von Zeugnissen, Gutachten sowie wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen nach den Vorgaben des § 6 HWG
• Vorher-Nachher-Vergleiche für Teile der Medizin – ausgenommen für plastisch-chirurgische Eingriffe ohne medizinische Indikation
• die Nutzung von Fachsprache
• die Abbildung in Berufskleidung oder bei Ausübung des Berufs
• Verwendung von Dank-, Anerkennungs- und Empfehlungsschreiben nach vorheriger Prüfung und im Einzelfall
• das Wiedergeben von Krankengeschichten sowie Hinweise darauf (Dies ist jedoch verboten, wenn die Geschichten in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen oder durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten. Ärzte müssen die Schweigepflicht und den Datenschutz beachten.)

Hintergrund: 2012 trat eine Novelle des Heilmittelwerbegesetzes in Kraft, die im Bereich der Arzneimittelwerbung vielfältige Neuerungen ermöglichte. Der Grund für die Gesetzesänderung bildete die Anpassung das europäische Recht.

Adressaten richtig ansprechen

Das Heilmittelwerbegesetz unterscheidet zwischen Laien und medizinischen Fachkreisen. Zu den Letztgenannten gehören alle Gesundheitsberufe und Angehörige der pflegenden Berufe. Damit umfasst die Beschreibung Human-, Zahnmediziner und Apotheker ebenso wie Hebammen und Rettungsassistentin.
Wer Fachkreise mit medizinischen Informationen anspricht, unterliegt keiner Einschränkung. Allerdings ist es dabei notwendig, frei zugängliche Inhalte zu schützen, etwa im Internet per Passwort.
Demgegenüber gelten für die Patientenwerbung wesentlich strengere Vorgaben. Rezeptfreie Arzneimittel dürfen zwar öffentlich beworben werden, benötigen jedoch einen bekannten Hinweis: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“ Die Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente ist hingegen nicht erlaubt.

Heilmittelwerbegesetz-konforme Kommunikation

Die unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben für die Ansprache von Patienten und medizinischen Fachgruppen führen zu spezifischen Anforderungen an die Kommunikationsmaßnahmen. Grundsätzlich ist es ratsam, Informationsangebote für medizinische Fachkreise und Patienten strikt voneinander zu trennen. Welche Arten der Kommunikation sich für die jeweiligen Bereiche eignen, zeigen die folgenden Abschnitte:

Fachgruppen

Fachkommunikation gemäß Heilmittelwerbegesetz sollte nicht im öffentlich zugänglichen Raum stattfinden. Innerhalb geschlossener Kreise ist es jedoch möglich, vielseitige Maßnahmen der Kommunikation anzuwenden wie beispielsweise klassische Medienarbeit. Diese richtet sich an medizinische Medien einschlägiger Fachbereiche. Ihr Spektrum reicht von Pressemitteilungen bis zu vertiefenden Pressegesprächen, etwa auf Fachkongressen. Weitere Maßnahmen, die als Print- und als Online-Elemente erstellbar sind, sind Anzeigen oder Advertorials, Sonderpublikationen zu einem speziellen Thema.
Ein bewährtes Kommunikationsinstrument ist die Produktwebsite für Fachkreise, geschützt über ein spezielles Kennwort vor dem öffentlichen Zugang. Dieses Angebot ist mit einem Newsletter kombinierbar. Denkbar sind dafür auch Kommunikationssysteme wie DocCheck. Auf diese Weise lassen sich Informationen zur Anwendung eines Arzneimittels an Zielgruppen erreichen. Einige Unternehmen nutzen übergeordnete Fachportale, die mehrere Bereiche zu Unterthemen enthalten.
Weitere Felder ist die Kommunikation mit speziellen Gruppen auf dem Gesundheitsmarkt wie beispielsweise Meinungsbildnern, Verbänden oder Krankenkassen.

Laien

Bei verschreibungsfreien OTC-Produkten stehen der Markenkommunikation fast alle Wege offen. Zu beachten ist allerdings die EU-Verordnung 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die sogenannte Health-Claims-Verordnung.
Verschreibungspflichtige Medikamente dürfen dagegen außerhalb medizinischer Fachkreise nicht beworben werden. Damit sind Hersteller bei der Kommunikation wesentlich eingeschränkt. Denn längst gelten nicht nur die verordnenden Ärzte als interessante Adressaten, sondern auch die Patienten.
Gegenüber Laien erweist es sich als wirksame Strategie, Services und Informationen zu Behandlungen und Krankheitsbildern mithilfe von Content Marketing bereitzustellen. Entsprechende Inhalte lassen sich als Internetangebote attraktiv aufbereiten. Für Patienten, die tagtäglich mit ihrer Erkrankung leben und die Therapie benötigen, bieten die informationshaltigen Angebote einen Mehrwert. Hersteller zeigen sich damit als zuverlässiger Anbieter.

Fazit

Gesundheitskommunikation gehört im Marketing zu den rechtlich am stärksten regulierten Bereichen. Dabei setzt das Heilmittelwerbegesetz hohe Hürden. Dennoch ist es für Pharmaunternehmen, Hersteller von Medizinprodukten und Ärzte möglich, wirksam zu werben. Präzise Kommunikationsstrategien, auf die rechtliche Situation abstimmt, erlauben es, Zielgruppen zu erreichen und auf dem dynamischen Gesundheitsmarkt erfolgreich zu sein.

 

Bildnachweis: Pixabay/mohamed_hasan

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